Arno Gruens Zivilisationskritik

Vorgestern gab es eine schöne Sendung zu Arno Gruens Zivilisationskritik – leider kam ich erst heute zum anhören: Wahnsinn Normalität – Arno Gruens Zivilisationskritik (SWR2 Wissen 15.05.08) Anhören ! 😉

Das, was wir normal nennen, ist wirklich verrückt. Und viele von den Leuten, die wir als wahnsinnig einstufen, wir tun ihnen unrecht. Sie sind wahnsinnig, weil sie nicht leben können in einer Gesellschaft, die heuchlerisch ist. Deswegen werden sie verrückt. Die Verrücktheit könnte uns ja was sagen über uns selber. Wo wir mitmachen mit Dingen, die gar nicht richtig sind. …

Für jene, die in das Erscheinungsbild ‚normalen’ Verhaltens hineinschlüpfen, weil sie die Spannung der Widersprüche zwischen der auferlegten Realität und ihrer inneren Welt nicht ertragen, für solche Menschen gibt es bald keine wirklichen Gefühle mehr. Stattdessen gehen sie mit Ideen von Gefühlen um, haben keine Erfahrung mehr mit ihnen. Sie präsentieren aufgesetzte Gefühle und sagen sich von ihren wahren Gefühlen los. Je ‚gesünder’ das Image der Identität, das sie angenommen haben, desto erfolgreicher werden sie diese Manipulation vollziehen können. Und es ist Manipulation, da ihr Ziel nicht der Ausdruck ihrer selbst ist, sondern den andern zu überzeugen, dass sie angemessen handeln, denken und fühlen. …

Und die, die diese Pose verkörpern, die werden gewählt. Warum? Ich denke, das führt wieder zurück darauf, was Kinder erleben. Kinder erleben so oft, nicht alle Kinder, aber viele, dass, um eine Verbindung mit den Eltern aufrecht zu erhalten, müssen sie wahrnehmen, wie die Eltern gesehen werden möchten, als willensstark, als jemand, der weiß, was richtig ist für das Kind, in diesem Sinne als Autoritäten. Und dass solche Eltern dem Kind auch Leiden zufügen, weil sie übergehen ja, was seine eigenen Kräfte sind, seine eigenen Wahrnehmungen, das wird weggemauert. So dass die “Realität”, zu der wir konditioniert werden, ist nicht wahre Realität, sondern die Pose. Und dann wählen wir dauernd Menschen, die die Pose widerspiegeln. …

Empörung und der Protest gegen Ungerechtigkeit sind aus der Mode gekommen. Träume von Erfolg und Besitz haben die Träume von einer besseren und lebbaren Welt ersetzt. Unsere einseitige Ausrichtung auf Leistung, Stärke und Erfolg führt nicht nur dazu, dass wahre Lebendigkeit immer mehr aus unserem realen Leben verdrängt wird. Sie zerstört auch unsere Hoffnung auf eine bessere Welt.

Ein Gedanke zu „Arno Gruens Zivilisationskritik“

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