Wie ein Fluss

Wie ein Fluss

Ich lebe dahin

Wie ein Fluss dahin fliesst.

Entferne mich immer mehr von meinem Ursprung

Wie der Fluss von seiner Quelle.

Der Fluss mündet ins Meer.

Wohin münde ich?

Sein Wasser verliert sich im „Grossen Wasser“,

Um von dort über den Himmel

Zu seinen Quellen zurückzukehren.

Wann kehre ich zurück?

Es ist das gleiche Wasser

Gereinigt durch die Wandlung

Auf einer neuen Reise zum Meer.

Ich möchte noch viele Male

Zu meinem Meer reisen.

Und noch viele Male

Gereinigt durch Wandlung

Zu meinen Quellen zurückkehren.

Wie ein Fluss.

 

 

CW 1974

Warum? (Drachenblut)

 

Warum? (Drachenblut)

Warum Heisse Tränen auf glühender Haut
Warum Alles brennt in mir und an mir
Warum Hämmernde Fäuste auf meinem Schädel
Warum Immer wieder und wieder
Warum Wissen ohne Verständnis
Warum Verstehen ohne zum besseren wenden zu können
Warum Immer wieder zerplatzte Hoffnung
Warum Schwärze
Warum Tiefste Finsternis
Warum Nur Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit
Warum Fallen … immer tiefer … immer schneller
Warum Klammern ans Kissen, an die Decke
Warum Festhalten am Kuscheltier
Warum Alle Verbindungen reißen

Nur noch Schwärze

Tiefer und tiefer

Völlig verloren

Wenn ich nur am Ende wäre

Wenn es nur ein Ende gäb

Da ist nichts mehr

Endlose Ewigkeit

Endloses Verlorensein

Warum

Warum

Warum

Hämmert es

Dann hört auch das letzte Gefühl auf
Alles
Tot. Tot. Tot.
Plötzlich diese Stimme in meiner Mitte. Sanft. Vertraut.
„Hey, was machst Du denn da nur wieder?“
Ein Hauch. Feucht. Warm und kühlend zugleich.
Ich mach die Augen auf.
Sonnenschein. Ein Lichtspiel an der Decke.
Die Zweige der Birke tanzen im leichten Wind.
Ein Auto hupt. Kinder rufen. Entfernte Musik.
Ein Vogel schimpft.
Zuhaus? Wenn ich nur wüsst, wo das wär in mir…
Die Stimme in meiner Mitte.
„Lass es gut sein. Irgendwann… !“
Ich seh mich um.
Ich bin allein.
??? All-ein ???

CW 1974

 

Fünf vor Zwölf

Gedanken am späten Vormittag:
„Fünf vor Zwölf“

Liebe Zeit
Wer bin ich heut‘?
Wer war ich gestern
Und wer werd ich morgen sein?

Niemand, wenn ich nicht ich bin.
Nur der, den sich die anderen gedacht,
Der ihnen passt,
Weil ich sie lass.

Will niemand mich preisgeben
Und verschenke mich doch jede Sekunde.
Verschleudere das einzige, das ich je wirklich besaß
Und jemals besitzen werde: Mich!

Warum, fragst du?
Vielleicht, weil es so viele tun.
Man mich lehrte, wie man tut
Und was passiert, wenn man nicht tut.

Nein, weil ich zu feige bin.
Zu feige, mich wenigstens selbst nicht zu belügen,
Zu feige, nein zu sagen, wenn sie verlangen
Zu werden wie sie, ihre Lehren zu befolgen.

Zu feige zum Leben.
Nur fähig zuzuschauen und gelebt zu werden.
Unfähig ein Mensch zu sein.
Gerade gut genug für eine Marionette.

Kein Herrscher ohne jemand, der sich beherrschen lässt!
Ich schau auf die Uhr, es ist fünf vor zwölf.
Bald gibt’s Mittag, denke ich.
Leider denken viele so.

 

 

CW 1974

Wünsche …

Es war einmal ein Mann, der auf der Suche nach seinem innigsten Verlangen durch die Welt zog. Er wanderte von Stadt zu Stadt, von einem Reich zum anderen und suchte nach Erfüllung und nach Glücklichsein, aber all sein Umherziehen führte zu nichts.

Eines Tages schließlich setzte er sich erschöpft von seiner Suche unter einen großen Baum am Fuße eines Berges. Er wusste nicht, dass es der Große Wunscherfüllende Baum war. Was immer man sich wünscht, wenn man darunter sitzt, geht sofort in Erfüllung. „Wünsche …“ weiterlesen