Still und heimlich …

In den letzten Tagen gab es wieder einige schöne Beispiele, wie real existierende ‚Demokratie‘ und real existierender ‚Rechtsstaat‘ hierzulande aussehen:

1. taz: Unbemerkt hat die Koalition das Bundespolizeigesetz geändert.

Videoaufzeichnungen auf Bahnhöfen und Flughäfen dürfen künftig 30 statt bisher zwei Tage lang gespeichert werden, das hat der Bundestag bereits am 15. November mit den Stimmen der Koalition beschlossen. Bekannt wurde die entsprechende Änderung des Bundespolizeigesetzes aber erst am letzten Wochenende auf dem Grünen-Parteitag, als der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar darauf aufmerksam machte.

Ohne öffentliche und parlamentarische Debatte sei das Gesetz verabschiedet worden, sagte Schaar in Nürnberg. „Wenn dies Schule machen sollte, dann kann man wirklich Angst haben um die Zukunft der Grundrechte.“

Heftige Kritik am Zustandekommen des Gesetzes äußerte auch die Opposition. Nachdem der Gesetzentwurf ihr abends per Fax übermittelt wurde, sei er am nächsten Morgen im Innenausschuss ohne Erläuterung abgestimmt worden, sagte die grüne Innenexpertin Silke Stokar im Deutschlandfunk. In der Überschrift des Faxes sei es dabei um ein ganz anderes Verfahren gegangen, nämlich um die Übermittlung von Fluggastdaten. Tags darauf wurde das Gesetz nachts um zwei Uhr ohne Aussprache im Bundestag verabschiedet. „Das Parlament ist richtig reingelegt worden“, sagte Stokar. Die FDP-Abgeordnete Gisela Piltz sprach von einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“. […]

2. Telepolis: Ein Stück Rechtsstaat wird abgeschafft – und kaum jemand merkt es

Nordrhein-Westfalens Innenminister Wolf führt eine Abschreckungsgebühr ein, damit sich Bürger weniger häufig gegen bürokratische Fehlentscheidungen wehren

Im November wurde in Nordrhein-Westfalen still und heimlich das Widerspruchsverfahren in den meisten Verwaltungsbereichen abgeschafft. Vor dem Inkrafttreten wurde die unter dem grob irreführenden Namen „Bürokratieabbaugesetz II“ verpackte Gesetzesänderung praktisch nicht öffentlich debattiert – weder von regionalen noch von überregionalen Medien. Mit der neuen Regelung kehrt ein Stück Obrigkeitsstaat zurück: wer sich beschweren will, muss erst einmal zahlen. Und nicht zu knapp. Selbst wenn die Behörde ganz offensichtliche Fehler gemacht hat. Das schreckt ab – und das soll offenbar auch abschrecken. Ein anderer Zweck der Abschaffung des bewährten Verfahrens ist nämlich schwer denkbar, auch wenn die Regelung in ein Gesetz mit dem irreführenden Namen „Bürokratieabbaugesetz II“ verpackt wurde. Tatsächlich handelt es sich nicht um den Abbau von Bürokratie, sondern um den Abbau von Rechtsstaat – und um eine gehörige Stärkung der Macht der Bürokratie.[…]

3. LobbyControl: Schröder schickt den Anwalt

[…] Diese Mischung aus Geheimniskrämerei und juristischen Mitteln ist unserer Meinung nach mehr als schlechter Stil. Es ist nicht akzeptabel, dass sich ehemalige Regierungsmitglieder, die nun als Berater und Lobbyisten tätig werden – häufig in ihren alten Kompetenzbereichen –, auf eine vermeintliche Rolle als Privatperson zurückziehen. Diese Tätigkeiten stehen in einem engen Verhältnis zu ihren vorherigen politischen Aufgaben, und die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Aufklärung. Umso mehr im Falle Schröder, der als Ex-Kanzler weiterhin ein Büro in den Gebäuden des Bundestages hat und darüber Zugriff auf das interne Computernetz des Bundestages hat.