Glaube ist Glaube ist Glaube

Wenn ein überzeugter Christ sagt, er glaubt an die Wiederkunft Christi, glaubt er dies auf die gleiche Weise, wie er glaubt, dass Michael Jordan ein Basketball-Spieler war. Wenn ein bekennender Atheist sagt, so etwas wie Gott gäbe es nicht, weiß er das auf die gleiche Art und Weise, wie er weiß, dass Elvis ein Rockstar war.

Eine neue Studie, die vorgestern im Online-Wissenschaftsmagazin PLoS One von Sam Harris (dem Neurowissenschaftler und Autor von “Das Ende des Glaubens: Religion, Terror und das Licht der Vernunft“) und Kollegen veröffentlicht wurde, zeigt, dass unser Gehirn Tatsachen und Überzeugungen in der gleichen Art und Weise verarbeitet.

“Glaube ist Glaube ist Glaube”, sagt Harris. “Wir scheinen das gleiche zu tun, egal, ob wir eine Aussage über Gott oder die jungfräuliche Geburt oder Astronomie akzeptieren.”

Harris, Jonas Kaplan und die anderen Autoren der Studie wollten der sowohl in wissenschaftlichen wie religiösen Kreisen vertretenen These nachgehen, dass unser Gehirn etwas ganz Besonderes tut, wenn wir an Gott glauben, dass religiöser Glaube neurologisch gesehen, ein ganz anderer Prozess als der Glaube an Dinge ist, die empirisch und nachprüfbar wahr (Dinge, die Harris “Tische und Stühle” nennt) sind. Harris sagt, seine Ergebnisse widersprächen der herrschenden Auffassung, dass im Falle des religiösen Glaubens etwas ganz Besonderes vor sich ginge. Unsere gläubigen Gehirne machten keine qualitativen Unterschiede zwischen dem Lernen in einem Mathematikbuch oder der Sonntagsschule. Auch wenn man die Existenz Gottes nie mittels eines fMRT-Scans beweisen oder widerlegen könne, könne die Studie doch einiges zur Klärung der neurologischen Mechanismen des Glaubens beitragen.

Wenn ein konservativer Christ sage, er glaube an die Wiederkunft Jesu als eine unbestreitbare Tatsache, lüge oder übertreibe er nicht und setze auch kein anderes rhetorisches Manöver ein. Das Gehirn eines Gläubigen verarbeite die Wiederkunft Jesu genauso wie eine Tatsache, daher sei der Sinn von Debatten über den Wahrheitsgehalt des Glaubens mit engagierten Gläubigen ziemlich zweifelhaft.

Für die Studie beobachteten Harris und Kollegen 30 Probanden mittels fMRT-Scans, während sie per Taste religiöse (z.B. “Jesus hat die in der Bibel genannten Wunder tatsächlich vollbracht”) und nicht religiöse (z.B. “Alexander der Große war ein berühmter militärischer Führer”) Aussagen, die auf einem Bildschirm erschienen, mit richtig oder falsch bewerten mussten. Die Probanden teilten sich zur Hälfte in gläubige Christen und Nicht-Gläubige.

Sowohl der Glaube an Gott, Zweifel an Gott wie auch der Glaube an einfach empirisch überprüfbare Tatsachen aktivierte den ventromedialen präfrontalen Kortex. “Wir sind in gewisser Weise, was wir glauben.” Bei den Tests zeigte sich aber auch, dass die Probanden bei der Bewertung religiöser Aussagen etwas länger zögerten als z.B. bei der historischer Fakten.

Harris sieht seine Studie als einen Schritt zur Entwicklung einer Neuropsychologie der Religion, sie könne aber auch zu unserem Verständnis, wie das Gehirn Erklärungen aller Art als gültige Beschreibungen der Welt akzeptiert, beitragen. Des Weiteren sieht er seine Ergebnisse auch als Aufforderung, dass die Wissenschaft sich dringend mit den großen Menschheitsfragen, Gut und Böse, Ethik, Moral usw. beschäftigen müsse und dies Feld nicht allein den Religionen überlassen dürfe. Je mehr wir wissenschaftlich klärten, wie Menschen denken und leben und was sie glücklich macht, um so mehr echte Informationen bekämen wir, wie wir unser Zusammenleben auf diesem Planeten am besten gestalten.

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