In der “Petersberger Erklärung – Anstöße für eine zukunftsgerichtete Arbeitsmarktpolitik” lesen wir Alles in Allem ein “Weiter so!” Weiter privatisieren, weiter “liberalisieren”, weiter umverteilen von unten nach oben, weiter lohndumpen, mehr “Working Poor”, weitere Schwächung der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften … immer weiter so! Schließlich haben wir doch alle schon dies Land, in dem Milch und Honig fließen, das uns dies “Weiter so!” bringt, vor Augen. Schließlich lesen und hören wir doch tagtäglich in den Nachrichten, wie toll das alles funzt, welch Segen dies über uns alle bringt, nicht mehr lange und wir haben Hartz IV für alle. Na gut, nicht für alle. Für 99%. Dem restlichen 1% gehören dann nicht mehr nur 25% des Vermögens wie bisher, denen gehört dann 99%. Dann hat endlich alles seine Ordnung.
Einer der sechs Autoren und Unterzeichner dieser “Petersberger Erklärung” ist Professor Gert G. Wagner, Vorsitzender der “Kammer für soziale Ordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)” (ich gehe mal davon aus, dafür muss man gläubiger evangelischer Christ und Kirchenmitglied sein). Natürlich hat er nicht in dieser Funktion unterzeichnet, sondern im Rahmen seiner Tätigkeiten für das “Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung” in Berlin, die “Technische Universität Berlin“ und das “Max-Weber-Kolleg” an der Universität Erfurt. Also im Rahmen unserer (Wirtschafts-) Elite, könnte man wohl sagen. (Apropos Elite, ein schönes Beispiel finden wir da auch hier.)
Und wofür spricht der Herr Wagner sich da aus?
Soziale Dienste marktfähig machen
Gerade im beschäftigungsintensiven Dienstleistungssektor, etwa bei der Freien Wohlfahrtspflege – hier insbesondere im Gesundheitswesen und bei der Alten- und Kinderbetreuung – sind nach wie vor erhebliche marktbeschränkende Regulierungen und Monopolisierungen zu beobachten, die aufgebrochen werden müssen, um die vorhandene Beschäftigung zu legalisieren und das nicht unerhebliche Wachstumspotenzial zu erschließen. Verwerfungen gibt es zudem durch die ungleiche Konkurrenz von privatwirtschaftlichen und gemeinnützigen Trägern. In vielen Bereichen der sozialen Dienste muss das Gemeinnützigkeitsprivileg auf den Prüfstand. Darüber hinaus sprechen auch Fairnessgründe dafür, die Tätigkeit in sozialen Diensten grundsätzlich marktfähig zu machen.
Die Kaufkraft auf Märkten für soziale Dienste kann durch „Gutscheine“ nicht nur sichergestellt, sondern verteilungspolitisch befriedigender als bisher ausgestaltet werden. Öffentlich geförderte Dienstleistungsagenturen könnten überdies einen wichtigen Beitrag zur Organisation des Marktes leisten.
Fairness… So. So.
Caritas und Diakonie mit ihren rund 1,1 Millionen Beschäftigten sollen also gewinnorientiert arbeiten und der Privatwirtschaft angeglichen werden. Zukünftig bestimmt dann die Kaufkraft vor Ort und nicht mehr der Bedarf das Angebot sozialer Dienste. Und wem die Kaufkraft fehlt (wir sehen ja alle tagtäglich, dass das immer weniger werden, nicht wahr?), der bekommt dann erst mal “Gutscheine”. Ja nee, is’ klar. Das ist fair. Nee, also echt jetzt! Seht ihr das nicht? Total fair! Oder für wen war da jetzt die Fairness gedacht?
Wer in Caritas und Diakonie arbeitet, weiß, dass das keine Zukunftsalbträume sind. Da sind nicht nur die Weichen gestellt, der Zug fährt bereits und nimmt von Tag zu Tag Tempo auf. Siehe hier und in den anderen Beiträge meiner kleinen Reihe “Christliche Werte”, deren Teil 9 dieser Beitrag nun wird. (Siehe weiter auch hier und hier.)
Unser täglich Frieden mit dir, Kapital, gib uns heute… Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Wir sollten solche Christen beim Wort nehmen und Nägel mit Köpfen machen und den Glauben, Religion überhaupt endlich auch privatisieren. Keine Privilegien mehr, keine Kirchensteuer, keine staatlichen Subventionen … Weg mit allen marktbeschränkenden Regulierungen und Monopolisierungen auch da! Die Kaufkraft und das beste Angebot sollen entscheiden! Ja, ok, wir können zu Anfang ja ein paar “Gutscheine” für einen Platz sonntagmorgens in der Kirche vor Ort verteilen. Wir wollen mal nicht so sein. Fairness ist schließlich das Gebot der Stunde!
(via Publik-Forum)